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»Entartete Kunst« Ausstellung in München

Anlässlich der Schandausstellung Entartete Kunst in München (19. Juli bis 30. November 1937 in den Hofgarten-Arkaden) wurden auch offizielle Postkarten herausgegeben, auf denen die Ausstellungsräume und Exponate der verfemten Künstler abgebildet waren. 

Klees Frau Lily schickte im Sommer 1938 an das Berner Sammler-Paar Hermann und Margrit Rupf eine dieser Postkarten, auf der das Aquarell Die Zwitscher-Maschine abgebildet ist. Wohl im Einverständnis mit ihrem Mann und als sarkastischer Kommentar gedacht, wählte Lily dieses Propagandamittel des Nazi-Regimes, wie aus dem Inhalt der Karte hervorgeht:

 

Postkarte (recto) von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Archiv
© Rupf-Stiftung, Bern

(Postkarte von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margit Rupf-Stiftung, Archiv. Transkription: Christine Brunner)

*Die Auktion der Sammlung Heinrich Stinnes fand bei der Kunsthandlung Aug. Klipstein, vorm. Gutekunst & Klipstein in Bern statt. Klee-Werke kamen am 21. Juni 1938 zum Aufruf. Vgl. Stefan Frey, Paul Klee in großen Privatsammlungen Deutschlands 1915–2015. Ein Überblick, in: Ausst.-Kat. Phantasiewelten Paul Klee, Schlossmuseum Murnau, 19.3.–28.6.2015, S. 60–110, hier S. 72.


Liebe Freunde,

Dank für Ihre liebe Karte. Ich war des Oefteren bei d. Auktion der Stinnessammlung*.  Klees Arbeiten haben die Preise gehalten u. sämmtlich gute Preise erzielt. So dass wir zufrieden sein können. Das Meiste ging nach New York Einiges n. Paris. Das Zusammensein mit Kahnweiler sehr angenehm u. erfreulich. Ich lernte ihn bei dieser Gelegenheit nun endlich kennen. Im Allgemeinen wurden gute Preise erzielt. Das Desinteressement der schweizerischen Kunsthändler für Klee eigentl. beschämend. -- (entre nous) Klee geht es ordentlich. Wir hatten noch viel Besuche v. auswärts. Viel a. Deutschland. Auch New York.

Geniessen Sie noch recht die letzte Woche. Alles Gute.

Vl. Grüsse Ihre Paul u. L. Klee. 


Postkarte (verso) von Lily Klee, Bern an Hermann und Margrit Rupf, 23.6.1938, Kunstmuseum Bern, Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Archiv
© Rupf-Stiftung, Bern


Museum Of Modern Art

zm

Alfred H. Barr, Jr (Hrsg.), Fantastic art, Dada, Surrealism, 3. Auflage, New York: Museum of Modern Art, 1946
© Zentrum Paul Klee, Archiv

Die Berliner Nationalgalerie erwarb 1923 Die Zwitscher-Maschine direkt vom Künstler. Das Werk wurde 1937 unter der nationalsozialistischen Diktatur konfisziert und in der Ausstellung »Entartete Kunst« in München präsentiert. 1939 gelangte das Blatt über den Kunsthändler Karl Buchholz in dessen New Yorker Filiale Buchholz Gallery-Curt Valentin. Im Rahmen der NS-Aktion »Entartete Kunst« wurde Karl Buchholz ab 1938 zusammen mit Ferdinand Möller, Hildebrand Gurlitt und Bernhard A. Böhmer mit der »Verwertung« der beschlagnahmten Kunstwerke beauftragt. 
Im Oktober 1939 erwarb das Museum of Modern Art, New York das Aquarell von der Galerie Buchholz Gallery-Curt Valentin.
Für den Direktor des Museums, Alfred H. Barr, Jr. war die kulturhistorische Bedeutung der Zwitscher-Maschine bewusst, als er entschied das Werk in der dritten Auflage der Publikation Fantastic Art, Dada, Surrealism (New York 1946) an prominenter Stelle – auf der Frontispizseite der Publikation – farbig abzubilden.


Vgl.  MoMA Provenance Research Project

Acquired from the artist by the Nationalgalerie, Berlin, 1923 [1]; removed as “degenerate art” by the Reich Ministry for Public Enlightenment and Propaganda, 1937 [2]; on consignment to Karl Buchholz, Berlin, 1939; to Buchholz Gallery (Curt Valentin), New York; acquired by The Museum of Modern Art, New York, October 14,1939 [3]. 
[1] Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, eds. Paul Klee: catalogue raisonné. Bern: Benteli and New York: Thames and Hudson, vol. 3 (1999), no. 2975. One of four works the Nationalgalerie acquired from the artist for 40 million M during the inflation of 1923 (see Annegret Janda and Jörn Grabowski, eds., Kunst in Deutschland 1905-1937: Die verlorene Sammlung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzenpalais, exh. cat. Berlin: Staatliche Museen zu Berlin, 1992, no. 229). Included in the exhibition Paul Klee, Nationalgalerie, Kronprinzenpalais, Berlin, February 1923. On loan from the Nationalgalerie to the Museum of Modern Art, New York for the exhibition German Painting and Sculpture, March 13 - April 26, 1931 (no. 42). On view at the Kronprinzenpalais of the Nationalgalerie, Berlin until 1933 (ibid.). Included in the exhibition Der Bolschewismus - große antibolschewistische Schau, Deutsches Museum, Munich, November 7, 1936-January 31, 1937 (see Charles Werner Haxthausen, "A 'Degenerate' Abroad: Klee's Reception in America, 1937-1940," Josef Helfenstein and Elizabeth Hutton Turner, eds., Klee and America, exh. cat. New York: Neue Galerie, 2006, pp. 159-162; Anja Tiedemann, "Auf dem Weg in ein freies Land. Paul Klees Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber," Uwe Fleckner, ed., Das verfemte Meisterwerk, Berlin: Akademieverlag, 2009, pp. 177-179).
[2] Not on "Harry Fischer list." Included in the exhibition Degenerate Art, Hofgarten-Arkaden, Munich, July 19-November 30, 1937 and other venues (Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Salzburg, Hamburg, Stettin, Weimar).
[3] Included shortly thereafter in the exhibition Contemporary German Art, November 1-December 9, 1939, Institute of Modern Art, Boston. 

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