Rudolf Altrichter

Das Mysterium der Moderne

Über das Geheimnis als Betriebsgeheimnis der Kunst im Werk von Paul Klee


SUMMARY

Ce qui suit se veut être une tentative de définir le mystère comme objet de culte et manifestation artistique dans sa signification pour l’art moderne. L’accent est mis sur Dürer, Cézanne et Klee. Une contribution philosophique à l’explication de la question de l’existence selon Heidegger et Deleuze.

Das Folgende versteht sich als Versuch, das Geheimnis als Glaubensgegenstand und Kunstereignis in seiner Bedeutung für die neuzeitliche Kunst ideengeschichtlich zu bestimmen. Im Fokus stehen Dürer, Cézanne und Klee. Ein philosophischer Beitrag zur Klärung der Seinsfrage nach Heidegger und Deleuze.


 
 

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1 Die aristotelische Ausblendung des Geheimnisses und Mystik der neuplatonischen Philosophie

Die Philosophen der Antike waren sich vielleicht mehr als wir moderne Menschen bewusst, dass das Leben mit samt seinen Zufällen und schicksalshaften Wendungen, mag es sich auch in bestimmten natürlichen Grenzen und einigen Wiederholungen abspielen, unergründlich ist, das heißt im Grunde mysteriös. Die Philosophie, sagt Aristoteles mit Platon – und dass sie sich mit Seiendem befasse, stellt er dabei nicht in Frage – fängt darum mit dem Staunen an.1 Das empirische Studium der Natur drängt sich in Rücksicht auf Stoffe, die wir festhalten, und Formen, in denen sich das Leben abspielt, erklärend auf, weil es keine Weltformel gibt, nach welcher sich der Lauf der Dinge beurteilen lässt. In der Analyse eines Denkens, das sich mit Wirklichkeit als dem der Möglichkeit nach Vorhandenen befasst, stoßen wir zuletzt auf verschiedene Ursachen, Elemente und Prinzipien, nach denen das Sein zusammengesetzt ist. Dasselbe ist insofern etwas Geistiges – und damit verbleibt das aristotelische Denken im Horizont der antiken Wissenschaften – als die Natur genetisch in eine heterogene Materie zerfällt.

Wenn wir auch heute noch Wissenschaft als eine kulturelle Errungenschaft sowie als große Befriedigung erfahren können, ist das gemäß aristotelischen Begriffen deshalb so, weil diese sich als eine Tätigkeit auffassen lässt, mit den Strukturen des Seins im Denken übereinzustimmen; Sein hier verstanden als Summe der Ereignisse, welche »die Seienden« bilden, und Denken als ein essentielles Begreifen alles dessen, was es gibt. Am Ende stellt sich so die Theorie als jene Form der Praxis dar, die das Sein selbst, ohne es zu verändern, bedenkt. Der Weg der Philosophie bezweckt mitunter ein Übersteigen der Wahrnehmung – eine Konsequenz, die allerdings erst Plotin und die Neuplatoniker ziehen werden.2 Hierbei geht es um den Aufstieg der Seele aus den Niederungen des vom Begehren gezeugten Seins in der Natur (deren Materie von diesem Mangel her gesehen eigentlich ein Nicht-Sein ist, also im Grunde eine Repräsentation des Nichts) zum Sein einer Betrachtung, in der sich das Denken von seinen Gegenständen befreit. Die Theorie vollendet sich in einem Denken des Denkens, durch das sich das Bewusstsein mit dem Sein vereint.

Die neuplatonische Rückwendung zum Seinsgrund ist ein mystischer Akt, sie inszeniert sich als eine Entsagung, bei der das Denken sich aus der Vielheit der Dinge und ihren wissenschaftlichen Repräsentationen herausdenkt oder befreit und umwendet in die geheimnisvolle Präsenz eines sich unendlich im Wirken befindlichen Seins. Die Selbstaufgabe des Denkers und seine – heideggerisch gesprochen – Überantwortung an so etwas wie ein Seinsgeschick, wird dabei fast selbstredend als verwirklichte und als wahre Liebe, bzw. als Wirkung eines göttlichen Eros interpretiert. Sokratische Freundschaft ist auf diesem Weg nur noch ein Mittel, das die Hinwendung zum Schönen verursacht, die mit dem Nachdenken über die Dinge beginnt und sich in einer mystischen Schau vollendet. Und es ist auch klar, dass diese Umwendung nur in ekstatischer Weise3 zu haben ist, demgegenüber das gewöhnliche Leben dann als eine Einübung ins Denken zu fassen wäre, als eine Art Propädeutikum zur wahren Askese. Durch diese Inversion von Philosophie und Leben hat der Neuplatonismus das Geheimnis radikal intellektualisiert.

Tatsächlich ist nach Platon das Geheimnis des Lebens, wie es in den Mysterienkulten4 durch Handlungen gefeiert wurde, ein gedachtes Leben; eher als von einem Geheimnis des Lebens handelt die Philosophie von einem Geheimnis des Seins als einer Substanz, die sich in Erscheinungen spiegelt, um im Denken festgehalten werden zu können. Das heißt, das eigentliche Mysterium ist die Identität der Dinge, die insofern zweideutig wirkt, als diese einerseits bloß sind, insofern sie erscheinen und endlich sind, aber andererseits auch über dieses Sein, welches ihre Erscheinung ist, hinaus scheinen, insofern sie gedacht werden und in der Vorstellung existieren. Zur Bestimmung eines menschlichen Wesens, das diesen Bezug erkennt, gehört es, dass es zugleich damit, wie es auch nicht sein kann und zeitlich stets anders ist, in Bezug auf sich absolut ist, und das zeigt sich, indem es sich mit anderen solchen Wesen verbindet, indes es sich in ihnen spiegelt und auf ein Sein hin entwirft. Geheimnisvoll ist so gesehen, dass Wesen durch Liebe verbunden und erkannt werden; das unterscheidet ihr Leben von banalen Ereignissen.

2. Heidegger und Klee: Geheimnis als Sein, insofern es ist oder erscheint, in Form des Ereignisses

Martin Heideggers Verdikt, dass das Sein im europäischen Kulturzusammenhang vergessen worden sei, wäre vielleicht ebenso pauschal wie falsch, wenn wir es auf die These reduzieren würden, dass die Philosophie es versäumt habe, die Frage nach dem Sein zu stellen.5 Heideggers Erkenntnis, man müsse das Sein in seiner Offenbarkeit‹, als sich verbergend-enthüllendes Geschehen6 fassen, ist ja doch die Antwort, welche schon Platon gegeben hatte, als er sich mit der Frage auseinandersetzte, ob Parmenides recht gehabt habe mit seiner Behauptung, dass es das Sein gebe, nicht aber nichts,7 und die er dann dahin gehend beantwortete, dass das Sein der Dinge das Eine sei, das zugleich »ist und nicht ist, scheint und nicht scheint«8, wie es in dem gleichnamigen Dialog heißt. Die Seinsfrage erscheint jedoch neuartig, wenn man sich der Seinsproblematik als der ebenso schicksalshaften wie zufälligen Dimension eines Daseins widmet und sich der ›Fraglichkeit‹9 bewusst wird, die darin liegt, dass überhaupt etwas ist, indessen es nicht bloß Eines sein will, sondern ein solches immer schon ist und sich trotzdem zur Anschauung bringt.

Aus dieser Perspektive einer Fremdheit gegenüber dem Seienden gemessen daran, dass es existiert und in seinem Sein aber nicht wahrgenommen wird – und hierfür steht nach Heidegger die Wissenschaft, die sich dieser Fremdheit nicht bewusst ist, wenn sie die Natur erforscht, um unsere alltäglichen Begriffe von der Beschaffenheit der Dinge zu widerlegen – lässt sich gerade Heideggers Affinität zu Klee erklären. Dessen Kunst erscheint ihm als Zeugnis einer Ereignishaftigkeit des Seins, die dieses in der Bedeutung des Verbs geltend macht, im Gegensatz zu einer Kunst, die uns nur ein Bild (Abbild) von den Dingen gebe, und er stimmt auch mit Klees Anspruch überein, die Wirklichkeit nicht einfach nur nachzuahmen oder in einer abbildenden Weise zu spiegeln, sondern durch Kunst »sehend« zu machen.10 Heidegger stimmt folglich mit dem Künstler Klee darin überein, ein Sehen zu praktizieren, das den ursprünglichen Seinszusammenhang aller Dinge offenbart. Die Kunst soll auf ihre Machart reflektierend zeigen, worauf die Philosophie – wenn sie denn eigentlich denkt –11 als Sein referiert.

Ohne dass es der Autor der Schrift vom »Ursprung des Kunstwerkes«12 ausdrücklich so sagt, scheint mir Heidegger mit seiner These richtig zu liegen, dass Klees Bedeutung für die Kunst und die Moderne in dem liegt, was er selber als Denken der Unverborgenheit thematisiert hat, d. h. als ein Offenbaren dessen, was sich sichtbar gerade verbirgt – wenn auch nicht mittels Anschauungen, die einer Intuition des Künstlers sind, wie bei Klee, sondern in Begriffen, möchte also Heidegger im Sein jene geheimnisvolle Dimension aufdecken, die nur real und an sich gar kein Geheimnis wäre, würde nicht dessen Ereignischarakter vergessen worden sein. Diesen darzustellen, das in seiner Virtualität begriffene Reale, und also der Kunst das Geheimnis zurückgegeben zu haben, darin sollen wir nach Heidegger die quasi seinsgeschichtliche Bedeutung von Klee erblicken. Allerdings stellt sich sogleich die Frage, wie die Herausforderung der Kunst, ein wesenloses Reales als geheimnisvoll darzustellen, gelingen kann – wie die Repräsentation dieses Geheimnisses funktioniert oder durch welche Gesichte es sich darstellt.

In »Sein und Zeit« drücken die Erscheinungen keine Wesen aus, die im Scheinen zur Geltung gebracht werden und über sich immanent im Verhältnis zu anderem und transzendent im Verhältnis zu sich selbst hinausweisen. Dafür objektivieren sie sich zum Ereignis oder ›Eräugnis‹, wie Heidegger pseudo-poetisch formuliert.13 Die Repräsentation des Ereignisses bleibt inhaltlich unbestimmt, eher formal. Allerdings gibt es nicht nur den ›strukturalistischen‹ Heidegger, der sein Sein in Beziehungen auflöst, sondern es gibt auch einen Heidegger-Gropius, der wie der Architekt vom Sein im geworfen-entwerfenden Entwurf träumt, einen Heidegger-Klee, der vom Ereignis des Sehens schwärmt und in dem Realen, als die sich die Natur wissenschaftlich darstellt, ›Wirkliches‹ erkennt, bzw. es gibt sogar einen Heidegger-Giacometti, wenn ich recht sehe, in all den gesuchten Verbalkonstruktionen bei ihm, welche den Ereignischarakter des Seins herausheben sollen wie Skulpturen, die das Stehen, Gehen usf. manifestieren. Sein und Scheinen mutieren dadurch zu einem kontingenten Erscheinung-Sein.

3. Die gnostische Zerstörung der Einheit von Sein und Scheinen und die magische Repräsentation

Doch wie kommt man dazu, das Geheimnis des Seins als Geheimnis des Umstands zu erörtern, dass die Dinge sich ereignen? – Man muss dazu jenen göttlichen Inbegriff aller Identitäten, durch den die Seienden sind und nicht sind, scheinen und nicht scheinen, gleichsam von der Vertikalen im Denken heilsgeschichtlich in die Horizontale des Lebens projizieren, wie dies durch das Christentum plausibel wird, das in der Liebe nicht nur das Produkt einer subjektiven Spiegelung erkennt, sondern eine reale Ursache in, vor und nach der Physik, Identitäten zu bilden. Die Menschlichkeit wird als Inbegriff von Identität und ursächliches Geheimnis offenbar, wenn die immanente Liebe jenseitig verankert wird und eine transzendente Ergänzung erfährt, wie es das Ereignis der Auferstehung symbolisiert, durch das Leiden und Glück versöhnt werden. Erst dann kann von einem allgemeinen Geheimnis des Lebens die Rede sein, wenn auch nur in einer existenziellen menschlichen Perspektive und gemessen daran, dass es geglaubt und vergegenwärtigt wird, im Sinne eines Erkennens wirklicher Erfahrungen. Das ist ›die Offenbarung.

Sein und Schein bilden demnach nur vordergründig eine Einheit. Die göttliche Schönheit, die nach platonischer Auffassung daraus besteht, Sein und Scheinen auszudrücken, spiegelt sich zwar in einem Menschen, sofern er sich in einer körperlich verstandenen Weise als tugendhaft erweist – und christlich verstanden ist diese Spiegelung ja biblisch darin angelegt, dass der Mensch Gottes Ebenbild ist und dessen Liebe sich in seinen Werken spiegelt. Aber dieser kann seine Wesensidentität doch nur erringen, wenn er sich durch den eigenen Tod hindurch von dem diesseitigen Schein seiner Existenz befreit. Die Erfahrung der Einheit, die im Rahmen einer Liturgie dargestellt und körperlich vollzogen wird, muss dazu inspirieren, das »Bewusstsein seiner selbst aufzugeben, sich in einem andern selbst zu vergessen, doch in diesem Vergehn und Vergessen sich selber zu haben und zu besitzen«, wie Hegel sagt.14 Die existenzielle Dimension der Liebe, die darin besteht, sich immanent zu ergänzen, um transzendent ergänzt zu werden, bedarf eines ›Opfers‹15 – als Medium. Ohne dieses eucharistische Fundament wird die Offenbarung esoterisch.

Was als göttliche Identität des Menschen durch Sündenfall und Hinrichtung Christi getrennt wurde, wird also im Durchgang durch den Tod zusammengefügt. Platonisch reichte es, das Schöne zu denken, um in die Mysterien eingeweiht zu werden, jetzt muss die Darstellung der Liebe symbolisch auch vollzogen werden. Wo dieser Vollzug fehlt, kann es sich allenfalls um eine Erkenntnis handeln, welche das Geheimnis beschwört, während die Liebe als allgemeines Motiv der Versöhnung und der Wesensverwandlung, die es offenbart, verloren geht. Genau dieses bezeichnet man auch als Gnosis, und der Bruch mit der Einheit von Sein und Scheinen scheint nachgerade das verbindende Kriterium aller antiken gnostischen Systeme16 zu sein, in denen der Sinn zerfällt in eine heterogene Materie, die als Ursache des Bösen eine Privation der Schönheit ohne allen bleibenden Wert darstellt, und eine ›geistige‹ Dimension des Seins, oder vielmehr Nichtseins, die als unsichtbare Kraft das Bewusstsein erleuchten soll. Offenbar wird eigentlich nichts oder das Offenbaren selbst, das als solches keinen Inhalt hat.

Heideggers Ereignisdenken hat so gesehen eine gnostische Schlagseite, auch wenn es sich in Abgrenzung gegen eine Verdoppelung des Geheimnisses durch ›Geist‹ und jeden Glauben an Geister und Potenzen definiert, die die Gnosis initiieren.17 Er kehrt sogar deren religiöse Pointe um, wenn bei ihm vom In-der-Welt-sein als Grundverfassung des Daseins die Rede ist, in die hinein sich der Mensch entwirft, Erscheinung quasi zum Sein wird.18 Wo die kultische Dimension der Erlösung fehlt, wird das Geheimnis nicht mehr geglaubt, sondern ›gewusst‹, und der zu vergewissernde Grund ist nicht mehr ›Liebe‹, sondern die Macht, etwas zu bewirken, die nur derjenige erkennt, der Zeichen mit Ursachen verwechselt bzw. mit okkulten Kräften zu erklären weiß. Es sei denn, man adoriert das Medium, wie in der Neuzeit, in der man die Einheit von Sein und Schein zwar nur noch als Illusion kennt, weil ihre Kunst die Spiegelung der Wirklichkeit empirisch erneuert und so das Geheimnis entweder ausblendet oder verdinglicht, an deren Ausgang sich aber Klee der magischen Repräsentation bedient, um es mit rationalen Mitteln wieder einzublenden.

4. Die empirische Spiegelung der neuzeitlichen Kunst und ihre wissenschaftliche Form nach Dürer

Anders als die Glasmalereien der mittelalterlichen Kathedrale, deren Darstellungen durchsichtig sind, weil sie eine präevidente Wahrheit indizieren, die im Mysterium des Glaubens an die Heilsbotschaft verankert ist, und im Unterschied zu den Mosaiken frühbyzantinischer Kunst, die ihren Gegenstand ikonisch auffassen oder sich aufgrund einer lehrhaften formalen Strenge mit ihrer Lichtwirkung als transparente Bildmotive zu erkennen geben, sind die Spiegelungen und ›nachgeahmte‹ Objekte der neuzeitlichen Malerei transparent durch die Illusion, die sie vermitteln. Schön ist das zu sehen in dem Aquarell von Albrecht Dürer aus der Sammlung Albertina in Wien, dem Großen Rasenstück, das jeder Kunsthistoriker kennt.19 [Abb. 1] Es handelt sich bei ihm um eine auf den ersten Blick ganz ›nach der Natur‹ aufgefasste Darstellung von verschiedenen Feldblumen und einem grünlichen Gewirr von Halmen und Blättern auf bräunlich-sumpfigem Wurzelgrund – im Detail sicher ein Ergebnis genauer Studien und jedenfalls keine ›symbolische‹ Darstellung, selbst wenn das Bild Heilpflanzen darstellen soll, wie man herausgefunden hat.20

Mag es sich mithin bei dem Gemälde auch um eine naturalistische Repräsentation handeln, so ist es doch ein kunstvolles Arrangement, für dessen Beurteilung – und das ist das eigentliche Neue, die Pointe an dem Ganzen – es keine Rolle spielt, ob der Eindruck des Betrachters mit einem realen Ereignis übereinstimmt, das (als solches) gerade nicht dem Arrangement des Künstlers entstammt. Entgegen dem Anschein also, den das Gemälde vermittelt, dient die gewöhnliche Realität nur dazu, eine bestimmte Qualität derselben hervorzuheben, die nichts mit dem tatsächlichen Existieren des Objekts oder dem erfahrungsbedingten Bezug des Künstlers zu tun hat. Sagen daher wir besser: Die Tatsachen, die es abbildet, sind von anderer Art; sie sind empirisch in dem eher wissenschaftlichen Sinne, dass es darum geht, den sichtbaren Gegenstand als wahrnehmbares Sujet zu erforschen. Das scheinbare Paradox, ›gewöhnliche‹ Realität darzustellen, um sie auf eine sinnliche Bedeutung, die der Künstler in sie hineinlegt, zu reduzieren, löst sich auf, wenn man diese Ambition in Betracht zieht.

Wir sollen den Gegenstand ›bedeutungsvoll‹ finden als wahrgenommenen. Wichtig ist nicht, ob der Maler ihn so wiedergibt, wie er ihn angetroffen hat oder ob er sich wünscht ihn anzutreffen, so wie er ihn darstellt; was es auf diesem Bild zu sehen gibt, ist ein Produkt der Analyse und Essenz vorangegangener Studien. Offensichtlich geht es darum, die Dinge ohne Ansehung dessen, was mit ihnen geschieht, in der Anschauung zu konstruieren – sie sollen identifiziert werden können –, und das ist besonders gut möglich, wenn der Gegenstand sich nicht bewegt. Die nature morte wird zum Ideal des lebendigen Gegenstands, und dafür spielt es letztlich auch keine Rolle, wie intensiv dieser empfunden wurde – entscheidend wirkt die Intensität der Darstellung. Es ist dabei fast schon sinnlos, von einem Gegenstand nach der Art eines vorgefundenen Stoffes zu sprechen, indes seine Realität zusammengesetzte Phänomene sind. Von Bedeutung sind allein diese in der nach Licht mittels Farbe durchgestalteten Form. Die Kunst verfolgt die Absicht, Bestandteile der Materie, die gegeneinander kontrastieren, darzustellen.

Die neuzeitliche Kunst spiegelt die Konstitution der Welt, und der Gegenstand, wie ihn Dürer sieht, zeichnet sich aus durch Übergänge, wo er ein durch die Zeichnung konturiertes strukturiertes Ganzes bildet. In der Form, dass die reale Schöpfung als Gleichnis interpretiert werden muss, macht der Künstler so eine ›Virtualität‹ sichtbar, die das Wirkliche nicht nur der Natur, sondern auch seiner selbst in seiner Beziehung zu ihr definiert, und er bildet damit den Anfang einer ästhetischen Kunst-Entwicklung, durch welche der Mensch sich als Teil der materiellen Sphäre erkennt, die das Sein im Zusammenhang der Natur darstellt. Descartes Methode, mit dem Urteilsvermögen zu sehen21, wird so anschaulich, und an Stelle einer künstlerischen Auseinandersetzung, die Begebenheiten und Dinge erinnert, die für die Menschen von Bedeutung sind, rückt die Auseinandersetzung mit Techniken, die man auf Phänomene anwendet, um sie gemäß den Prinzipien zu erkennen, »aufgrund von denen sie werden«22. Die religiösen Mysterien mutieren zu ›wunderbaren‹ Sujets, da sie dieses Werden nicht abbilden.

5. Kunstgeschichte als Erfolgsgeschichte und die ästhetische Inversion der Nachahmung bei Cézanne

Nicht erst die Veduten der Maler im Zeitalter der Aufklärung machen auf das Ideal der neuzeitlichen Kunst aufmerksam, schöne Abbilder zu schaffen, welche uns eine Illusion der phänomenalen Natur geben. Argumentiert man entlang der Kunstgeschichte, gibt es die Tendenz in der Malerei seit der Frührenaissance23, und wie schon Johan Huizinga gezeigt hat, war sie nicht ohne Auswirkungen auf das Geistesleben, ließ sie doch die überlieferten Mysterien des Glaubens als Werke der Einbildung erscheinen24. In Fortsetzung dieser Tendenz mit Max Weber von Entzauberung25 zu sprechen, scheint somit nicht ganz falsch zu sein. Jedenfalls liest sich die europäische Kunsthistorie, so wie sie sich auch in den großen Museen dokumentiert, durchaus als eine Art Erfolgsgeschichte, was die Entwicklungen der künstlerischen Fähigkeit anbelangt, die sichtbare Welt zu durchdringen, um darzustellen, wie sie real beschaffen ist im Gegensatz zu dem, was wir mit einem alltäglichen Blick als wirklich empfinden. Kunst kann darüber aufklären, wie wir unsere Realität wahrnehmen müssen, um zu begreifen, wie sie de facto ist oder funktioniert.

Der Versuch ist bislang ausführlich noch nicht unternommen worden, aber die für die Neuzeit auffällige Parallelität in der Kunst- und Wissenschaftsentwicklung, die schon Heisenberg26 aufgefallen war, lässt sich ontologisch bzw. erkenntnistheoretisch leicht belegen, wenn wir die Malerei auf ihrem Weg in die Moderne verfolgen. Denn das Spektrum reicht hier von einer ›Mechanik‹ oder Darstellung der Dinge im Raum und des Lichts zu ihrer Modellierung im 17. Jahrhundert, über die Darstellung der anorganischen oder organischen Natur etwa bei Chardin, die in ihrer Zusammensetzung als Systeme des Austausches von Stoffen das Objekt einer gerade entstehenden ökonomischen Wissenschaft und der Biologie bilden, zur Darstellung von Phänomenen wie Feuer, Luft, Wärme und Dampf bei William Turner, deren elementare Reaktionen und Verbindungen die wissenschaftliche Chemie erforscht, bis hin zu raumzeitlichen und dynamischen Darstellungen zum Beispiel im Futurismus, die Erkenntnissen der modernen Physik entsprechen. Fortschritte beim Messen verkörperlichen sich in den Techniken der Malerei.

Das Resultat ist eine Entwicklung der Wahrnehmung, die diese zunehmend als Effekt oder als ein Produkt der Künste erscheinen lässt, wie überhaupt das ›Wahrnehmen‹ das künstlerische Dogma der Moderne werden wird. Man vergleiche Stilleben eines der frühen spanischen Stillebenmaler, wie Juan van der Hamen y Léon, mit Chardin und solchen von Cézanne, auf denen Früchte zu sehen sind, um zu erkennen, wie sich die naturalistische Abstraktion als malerische Technik, auf eine Zeichnung zugunsten der Bildgestaltung durch Farbe zu verzichten, durchsetzt. Immer wieder spielt seit Dürer das Aquarell eine herausragende Rolle, sei es als farbliche Substanz zur Unterstützung der Zeichnung, sei es als Malweise, oder sei es zur Sichtbarmachung der Farbgebung27, und bei Cézanne gibt es dann eine eigentliche Inversion der Nachahmung, nach der die Malerei das Urbild herstellt, dessen Abbild die Natur darstellt.28 Das musste so kommen, seit die Malerei Eindrücke wiederzugeben versuchte, deren Ganzes man sich in der Vorstellung zusammensetzen muss, und folgerichtig wird bei Cézanne deren Konstitution selbst zum Objekt der Malerei. [Abb. 2]

Virtuell ist jetzt nicht mehr wie bei Dürer die konstituierende Vorstellung, sondern virtuell ist danach der Gegenstand. Es ist ein bewusst vollzogener Bruch mit der immerhin noch oberflächlichen Einheit von Sein und Scheinen, welche die alten Meister auszeichnete. Cézannes Grundintention ist es, das Auge von zufälligen Reizen zu befreien29 und über die Impression als flüchtigem Widerschein einer Illusion von wesenhafter Schönheit hinaus visuelle Daten durch die Modulation von Farben und Farbtöne gegen den hellen Malgrund sowie lichte Stellen im Gemälde so wiederzugeben, dass ein substanzieller und wirklicher Eindruck entstehen kann.30 Substanziell, weil der Maler sich vom Objekt distanziert, um es zu sehen31 und es farblich als Einheit von Komposition und Form zu fassen bzw. auf einen bleibenden ästhetischen Eindruck hin zusammenzufassen versucht. Und wirklich, weil dieser Eindruck sich als subjektives (visuelles) Äquivalent einer objektiven (materiellen) Qualität versteht.32 Das sensationelle Resultat zu erfassen, ist aber nur demjenigen möglich, der die ›Schrift‹ des Malers zu entziffern weiß.

6. Klees Malerei, die das Geheimnis der Kunst einblendet, als Wendepunkt in der modernen Kunst

Es gibt in den Bildern Paul Cézannes kein Geheimnis, geheimnisvoll ist bei ihm allenfalls die Tatsache, dass der Betrachter nicht sieht, was der Künstler weiß und mit seiner Malerei zu realisieren versucht hat. ›Wahrnehmung‹ meint hier letztlich ja immer die Verwirklichung einer unanschaulichen Theorie, und das widerspiegelt auch die Rezeption von Cézanne, die selten über das Zitieren von Äußerungen des Malers hinauskommt und fast nie interpretierend wird, weil es auch nichts zu interpretieren gibt. Die Dinge dieser Welt sind nicht von Dauer; ohne begrifflichen Rekurs auf das Genie, das den Grund ihrer Erscheinung kennt, keine anschauliche Essenzen. Was die Malerei als Abbild zeigt, ist eigentlich eine Trübung des göttlichen Spiegels der Natur. Es gibt wenig zu sehen. Wenn etwas leuchtet, so wirkt es dennoch derb aufgefasst. Dem Katholiken Cézanne ist klar, dass die Natur vergänglich ist und ihre Phänomene eine Ursache haben, die sie zur Darstellung zwingt, aber dieses Nichten-und-doch-sein ist bei ihm letztlich doch nur das Geheimnis seiner eigenwillig beharrlichen Sichtweise, womit wir endlich bei Heidegger-Klee wären.

Klee hat das Geheimnis insofern wieder in die Malerei eingeführt, als er das Geistige, das bei Cézanne das Genie verbirgt, auszudrücken versucht hat, und also nicht bei den Strukturen, die dieser als sensationelle Einheiten von Sehen und Gesehenem offenbarte, und einer Abstraktion von Realem stehen blieb. Natürlich geht es auch bei Klee wie in aller modernen Kunst, die auf die Wahrnehmung abzielt, um Details, um Strukturen oder wesenlose Schönheit, in der die Gegenstände verschwinden, aber Klee hat doch den Anspruch, das Reale, welches im Kubismus nicht eigentlich mehr vorgestellt war, sondern gedacht werden muss, inhaltlich werden zu lassen. Als was also äußert sich bei ihm das Geheimnis, womit stellt es sich her, wie macht es sich offenbar? Um diese Frage zu beantworten, ist es nützlich, die Auswahl von Werken zu betrachten, die der Künstler selbst in einer »Sonderklasse unverkäuflich« zusammenstellte.33 [Abb. 3] Was die Bilder der Auswahl verbindet, ist, dass sie wie Allegorien ohne Subtext künstlerische Einfälle zu repräsentieren scheinen, von denen nicht ganz klar ist, was sie bedeuten.

Das Geheimnis scheint also bei Klee durchaus intendiert, so etwas wie das Betriebsgeheimnis seiner Kunst gewesen zu sein, und um seine Herstellung zu verstehen, muss man das Zusammenspiel der Materialen, der Motive und der künstlerischen Mittel begreifen, die bei Klee ein Kunstwerk dazu prädestinieren, geheimnisvoll zu wirken. Ich sage wirken, weil die Offenbarung des Geheimnisses die Konstitution der Malerei betrifft und keineswegs den Sinn, den man in sie hineinlesen möchte. Was wiederum nichts anderes heißt, als dass das Sein, welches Klee in seinem Ereignischarakter offenbart in der Terminologie Heideggers, eigentlich ein Kunst-Ereignis ist, und dieses konkretisiert sich, so weit ich sehen kann, auf zwei Ebenen. Zunächst auf der Ebene des Bildgrundes, der sich durch Stoffe und Farben zu einer Wand materialisiert, die den Betrachter vom Betrachteten trennt. Was ich eben mit Blick auf Cézanne eine Trübung des göttlichen Spiegels nannte, vollendet sich bei Klee im Eliminieren dieses Spiegels als einer Anschauung, die die Kunst schöne oder gefühlte Abbilder von transparenten Eindrücken herstellen ließ.

Cézannes Berg, die Montagne Sainte-Victoire, an der dieser sich geistig abarbeitete, um seine Sensationen darstellen zu können, ist bei Klee ein Material, dessen äußere Zeichen bei ihm nahezu verschwinden und in diesem Vorgang des Verschwindens, den die Kunst bewirkt, den sog. inneren Sinn des Künstlers freilegen, der Objekte in der Zeit seelisch konstitutiert. Die Transzendenz, welche die künstlerische Betrachtung traditionell etwa durch die Schilderung einer Landschaft vermittelt hatte, wird nun ganz ins Subjekt verlegt, und der Spiegel der Seele, der in der Malerei der frühen Neuzeit das Stilleben ist und der sich im Portrait sogar eine eigene Kunstgattung erschuf, kommt damit inhaltlich gleichsam zu sich selbst. Kurz, was als Versuch, die Subjektivität des Eindrucks durch die Darstellung eines konstituierten Gegenstandes in der Natur zu spiegeln begann, sich in einer Serie von Abweichungen in der Darstellung sachlich konkretisierte und ausdifferenzierte, vollendet sich in einer Kunst-Welt, die nicht mehr ein Spiegel der göttlichen Liebe ist, sondern von Techniken und letztlich von nichts, denn eine Technik ist kein Seiendes.

Wie jeder weiß, der in einer Gegend wohnt, die von Bergen wie von einer Wand umstellt ist, bedeutet der Verlust an objektiver Transzendenz immer auch eine Einschränkung des Horizonts und wirkt auf das Format, das das Denken annimmt. Die durch Klee für die Malerei bewirkte Zerstörung des Spiegels der Betrachtung als Einheit von Mensch und Natur in der Anschauung dessen, was sich im künstlerischen Material kristallisiert und als Werk durchsichtig wird, ist letztlich ein Versuch, einer Kunst-Reflexion zur Darstellung zu verhelfen, die sich durch keine realistischen Konventionen mehr gebunden fühlt. Auf dieser motivischen Ebene, die sich an der Bildoberfläche abzeichnet, wird dann das mittels Farbe und Abstraktion in Impulse und Relationen aufgelöste Reale34 tatsächlich sichtbar, im Gegensatz dazu, dass Sichtbares dargestellt würde. Die Gestalten, in denen es sich zur Darstellung bringt, sind indes weder mit der formalen Komposition des Materials noch mit den Konturen der Sache identisch, die der Betrachter sich vorstellt. Es ist, wie der kleesche Topos sagt, die Wirklichkeit einer Zwischenwelt.

Man kann Klees ›Zwischenwelten‹ immanent beschreiben, wie Deleuze-Guattari es taten, als sich kristallisierende Partikel und Rhizome, künstlerische Maschinerien, Bilder gleich Tönen, Zeichen, die Erinnerungen zu Zeichen formen und letztlich Zeichen sind: ein Universum von Singularitäten, die konvergieren oder divergieren, je nach dem, welchen Blickpunkt man einnimmt, und so unser Gehirn anregen, dieses in seiner Arbeit zur Darstellung bringen.35 Und man kann, um sie zu beschreiben, an Klee selbst Maß nehmen, der von sich sagte, dass er immanent nicht zu fassen wäre, so wie unter den Lebenden als bei den Toten.36 Soviel ist klar, dass eine psychologische Interpretation der Werke Klees zu kurz greift und die Repräsentation z. B. landschaftlicher Elemente in seinen Bildern37 sich nicht an Motiven misst, die einem Betrachter als vorweggenommene Resultate vorgeschwebt haben, wie man vielleicht unterstellt. Klees Repräsentationen wirken deswegen geheimnisvoll, weil sie nicht auf eine konventionelle Weise fassbar sind und auf ›magische‹ Art anstelle der Einbildung die Sinne evozieren.

Mein herzlicher Dank geht an Osamu Okuda vom Zentrum Paul Klee, der mir Klee und die Moderne näher gebracht hat.


  1. Aristoteles, Metaphysik I 982b12.
  2. Vgl. Aristoteles, Einführungsschriften [peripatetische und neuplatonische], übers. und mit e. Einl. versehen von O. Gigon, München 1982.
  3. Vgl. E. R. Dodds, Heiden und Christen in einem Zeitalter der Angst. Aspekte religiöser Erfahrung von Marc Aurel bis Konstantin, Frankfurt am Main 1992, S. 67-91.
  4. Zu den religiösen Motiven und sakramentalen Handlungen dieser esoterischen Kulte, die durch die christliche Offenbarung universalistisch umgedeutet und so liturgisch erneuert wurden, vgl. Hans Kloft, Mysterienkulte der Antike, München 2006, S. 7-12.
  5. Zu dieser These von Sein und Zeit äußert sich Heidegger in einem Interview mit einem buddhistischen Mönch, siehe https://www.youtube.com/watch?v=hFSWDnD24Mc.
  6. Vgl. Wilhelm Weischedel, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer Philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus, Band 1, München 1979, S. 465-470.
  7. Parmenides DK 28 B 8 35-40, siehe Über das Sein, Griechisch/Deutsch, übers. von J. Mansfeld, Stuttgart 1981, S. 12/13.
  8. Platon, Parmenides, Griechisch/Deutsch, übers. von E. Martens, Stuttgart 1987, S. 158/159 [166c].
  9. Vgl. Heidegger, »Was ist Metaphysik«, in: Wegmarken, GA I. Abt. , Band 9, Frankfurt am Main 1976, S. 103-106 .
  10. Vgl. dazu Arnfinn Bo Rygg, »Denken mit Klee«, in: Ausst.kat. In Paul Klees Zaubergarten, Zentrum Paul Klee, Bern, Ostfildern: Hatje Cantz, 2008, 83 - 100, hier S. 87.
  11. Vgl. Heidegger, Was heißt Denken? Vorlesung Wintersemester 1951/52, mit e. Nachw. von H. Hüni, Stuttgart 1992.
  12. Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerkes, Stuttgart 1969.
  13. Zu diesem Begriff sowie zum Verhältnis von Entbergen bezüglich der Verborgenheit bzw. Unverborgenheit im Zusammenhang mit dem Hervorbringen und der Technik, siehe: Heidegger, Die Technik und die Kehre, Stuttgart 1996, S. 44, 11f.
  14. Hegel, zit. nach Weischedel 1979 (I), S. 318.
  15. Zum Begriff des Opfers in der römischen Liturgie vgl. Mosebach, Häresie der Formlosigkeit, Wien 2002, S. 22-30.
  16. Ein Standartwerk, das die Differenz zwischen Gnosis und Christentum herausarbeitete, ist mir nicht bekannt. Ältere Darstellungen wie die Geistesgeschichte der christlichen Antike von Carl Schneider versuchen meist, aus konfessionell durchschaubaren Gründen die irrationalen Tendenzen der Gnosis, die dann später im deutschen Protestantismus eine Fortsetzung gefunden hatten, entweder auszublenden oder in christliche Vorstellungen zu übersetzen, um dagegen die Kulte und Glaubensvorstellungen der römischen Kirche aus antiken Religionen herzuleiten.
  17. Die politische Aufwertung der Gnosis zum Epochenbegriff im Sinne Eric Voegelins scheint mir überzogen. Die Gnosis arbeitet mit Denkmustern, die in vielen außereuropäischen Kulturen weit verbreitet waren, bevor sie in der Spätantike in das europäische Denken eindrangen. Sie hatte zudem innerhalb der europäischen Kultur auch mehrere Renaissancen – im Zeitalter des Humanismus, im Jahrhundert der Aufklärung, zur Jahrhundertwende, in der Popkultur – und artikuliert schlicht die irrationale Kehrseite des technischen Rationalismus, welche diese zu ihren ›Rationalisierungen‹ motivierte. – Zum Okkultismus als Begleiterscheinung der Aufklärungsepoche vgl. Max von Boehn, Die Mode. Menschen und Moden im 18. Jahrhundert, Koblenz 1939; zum Verhältnis von Magie und abendländischer Kultur insgesamt, siehe auch Richard Kieckhefer, Magie im Mittelalter, München 1995, S. 17-55.
  18. Vgl. Heidegger, Sein und Zeit, Tübingen 1967, 2. Kap.
  19. Link zum Bild siehe: http://www.albertina.at/duerer.
  20. Vgl. Norbert Schneider, Stilleben. Realität und Symbolik der Dinge; die Stillebenmalerei der frühen Neuzeit, Köln 1994, S. 145.
  21. Descartes, Meditationen über die Erste Philosophie, Lateinisch/Deutsch, übers. von G. Schmidt, Stuttgart 2008, S. 87-94.
  22. Francis Bacon, Neues Organon, I, Lateinisch/Deutsch, übers. von R. Hoffmann, Hamburg 1990, S. 138/39
  23. Siehe Stefanie Roettgen, Wandmalerei der Frührenaissance in Italien, 2 Bände, München 1996 und 1997
  24. Vgl. Johan Huizinga, Herbst des Mittelalters, Stuttgart 1975, S. 209-245.
  25. Max Weber, Wissenschaft als Beruf, München 1919, siehe: http://www.wsp-kultur.uni-bremen.de/summerschool/download%20ss%202006/Max%20Weber%20-%20Wissenschaft%20als%20Beruf.pdf
  26. Vgl. Werner Heisenberg, Quantentheorie und Philosophie, Stuttgart 1986, S. 112.
  27. Vgl. dazu Gottfried Boehm, Montagne Sainte-Victoire: Eine Kunstmonographie, Frankfurt am Main 2000, S. 112ff.
  28. Vgl. Boehm 200O (wie Anm. 27), S. 101. 
  29. Vgl. dazu die Monographie von Maurice Raynal, Cèzanne. Biographisch-kritische Studien, übers. von K. G. Hemmerich, Lausanne 1954.
  30. Wie weit Cézanne sein eigenes Werk selbst als Konsequenz der hier beschriebenen Entwicklung gesehen hat, verdeutlicht seine Beurteilung einer Winterlandschaft von Gustave Courbet, dank dessen Einfluss »der Geruch des nassen Laubs und moosbedeckter Steine« ihren Einzug in die Malerei des 19. Jahrhunderts gefunden habe. Zitat nach Oliver Kornhoff et al. (Hg.), Lichtgestöber. Der Winter im Impressionismus, Bielefeld u. Berlin 2013, S. 132.
  31. Paul Cézanne, Über die Kunst. Gespräche mit Gasquet und Briefe, hrsg. von Walter Hess, Hamburg 1957, S. 13.
  32. »...die geologische Farbe der Bodenarten, das alles erregt mich, hilft mir weiter« aus: wie Anm. 31, S. 24.
  33. Vgl. Wolfgang Kersten, Osamu Okuda und Marie Kakinuma, Paul Klee - Sonderklasse, unverkäuflich, mit zwei Beiträgen von Stefan Frey, hrsg. vom Zentrum Paul Klee, Bern, Museum der Bildenden Künste Leipzig, Köln 2014.
  34. Michael Esfeld meint, dass die einzigen intrinsischen Eigenschaften der Materie im Sinn der neueren Physik bzw. Quantentheorie Impuls und Relationalität sind, vgl. ders., Einführung in die Naturphilosophie, Darmstadt 2002, S. 51-53.
  35. Zu Klee vgl. Deleuze/Guattari, Tausend Plateaus. Über Kapitalismus und Schizophrenie, übers. von G. Ricke/ R. Voullié, Berlin 1992, zu den Zeichen ders., Proust und die Zeichen, Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1978
  36. Vgl. Marie Kakinuma, »Paul Klees Rezeption im heutigen Japan«, in: Ausst.kat. Paul Klee und der Ferne Osten. Vom Japonismus zu Zen, Zentrum Paul Klee, Bern, 19.1.-12.5.2013; Museum für Ostasiatische Kunst, Köln, 18.10.2014-1.2.2015, Zürich 2013, S. 101-137, hier S. 123.
  37. Bilder dieser Art dominieren die Sonderklasse, vgl. Paul Klee - Sonderklasse, unverkäuflich  (wie Anm. 33), Nr. 6-290.

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