Patrizia Zeppetella

résumé

Paul Klee a réalisé l’oeuvre intitulée Façade de verre dans la dernière année de sa vie. Il avait d’abord peint des lignes noires au verso et des champs de couleurs transparents sur fond blanc. Mais cette composition, désignée sur le cadre par «Mädchen stirbt und wird», ne le satisfaisait pas et il l’a complètement recouverte. Le dessin à l’huile et à la colle d’amidon Unfall (Accident), 1939, 1178 lui avait ici servi de modèle. Les craquelés et les lacunes de la couche de peinture rendent visible la composition au dos du tableau. Sa façon de travailler en réutilisant des supports est ici clairement visible; et la fragilité des matériaux combinés de manière si peu conventionnelle pose de partuculiaires exigences pour la conservation.


Der Artikel ist eine leicht überarbeitete Fassung des Wandtextes, der anlässlich der Ausstellung Paul Klee. Bewegung im Atelier (Zentrum Paul Klee, Bern, 13.9.2008–18.1.2009) veröffentlicht wurde (Abb. 1 u. Abb. 2).

Abb. 1: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288 (recto), Zentrum Paul Klee, Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier« (13.09.2008 - 18.01.2009)
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb.2: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288 (verso), Zentrum Paul Klee, Ausstellung »Paul Klee. Bewegung im Atelier; (13.09.2008 -18.01.2009)
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Das Werk Glas-Fassade entstand in Paul Klees letztem Lebensjahr. Ursprünglich hatte Klee auf der Rückseite eine schwarze Pinselzeichnung und transparente Farbflächen auf weisser Grundierung gemalt. Diese Komposition – auf dem Rahmen als »Mädchen stirbt und wird« bezeichnet – verwarf er und überstrich sie ganzflächig. Als Vorbild dafür hatte ihm die Kleister- und Ölfarbezeichnung Unfall, 1939, 1178 gedient. Durch Brüche und Fehlstellen in der Farbschicht werden Teile der verworfenen Komposition auf der Gemälderückseite sichtbar. Klees Arbeitsweise, Bildträger wieder zu verwenden, wird hier deutlich sichtbar; zugleich aber auch die Fragilität der Materialien in unkonventionellen Kombinationen, die hohe Anforderungen an die Konservierung stellt. 

Paul Klee macht in seinem Œuvre-Katalog folgende Angaben zum beschriebenen Werk: »1940 / 288 / K 8 / März / Tafel / 0,95│0,7 / Glas-Fassade / Wachsfarben / Jute auf Keilr.«. Bei der aufgelisteten Maltechnik »Wachsfarbe«  stellt sich die Frage woraus diese besteht. Ähnlich wie bei Analysen zum Werk Hoher Wächter, 1940, 257 erwies die Zusammensetzung der »Wachsfarbe« als reines Bienenwachs.

Untersuchungen zu seine Atelier- und Malutensilien bestätigen die Verwendung von Bienenwachs und die persönliche Herstellung der Farben. Die stark vergrösserte Detailaufnahme der Gemäldevorderseite zeigt, dass Klee die gelöste Bienenwachsfarbe mit Öl-Anteil mit einem Pinsel aufgetragen hat. Diese haftet relativ gut auf dem Jutebildträger. Stellenweise, wo die Grundierung der Rückseite durch die Gewebefäden hindurchgedrungen ist und sich helle Erhöhungen gebildet haben, steht die Malschicht ab und blättert ab.

Die verwendete Farbauswahl entspricht der zeitgenössischen Anwendung; Pigmente und Wachstypen sind in seinen hinterlassenen Malmitteln und Malutensilien erhalten und nachweisbar. Besondere Erwähnung verdient das angewandte rote Pigment: das synthetisch organische Farbmittel – Toluidinrot, ein für diese Zeit modernes Künstlerpigment. Vermutlich mischte Klee das Pigment selber mit dem Wachsbindemittel zu der leuchtend roten Malfarbe. Toluidinrot wird 1905 als eines der frühesten synthetischen organischen Farbmittel erstmals hergestellt. Die Produktion und Verbreitung erfolgte bereits in der Vorkriegszeit.
Die Analysen, die zum Verständnis der Maltechnik und daraus folgenden Konservierungstechnik werden anhand von Kleinstproben (Malschicht-, Faser- oder Pigmentproben) mit folgenden Methoden durchgeführt:
Die Durchlicht- und Polarisationsmikroskopie (PLM) finden Anwendung bei Streupräparaten, präparierten Fasern oder Dünnschliffen. Angeschliffene Kleinstproben aus Malschichten lassen sich mittels Auflichtmikroskopie untersuchen. Zusätzliche Informationen liefert die Kontrastierung mit der Fluoreszenzmikroskopie.
Die Identifikation von Künstlermaterialien basiert heute vor allem auf der Mikroanalytik: Mittels FTIR- (Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie) und der Ramanmikroskopie (benannt nach dem indischen Physiker C.V. Raman) lassen sich, anhand von Referenzspektren ein grosser Teil der im 20. Jahrhundert verwendeten organischen Bindemittelgruppen, Pigmente und Farbstoffe zuweisen. EDX (Energiedispersive Röntgenspektroskopie) gehört zur Gruppe der Röntgenspektroskopien und nutzt die von einer Probe emittierte Röntgenstrahlung für die Untersuchung der Elementzusammensetzung.
Mit Hilfe des REM (Rasterelektronenmikroskop) lassen sich stark vergrösserte Abbildungen von Oberflächen mit einer hohen Schärfentiefe erzeugen. Es werden so Strukturen und morphologische Eigenschaften im Mikrobereich sichtbar.Bei den entnommenen Mikroproben von Glas-Fassade wurden das Bindemittel, Pigmente sowie der Bildträger identifiziert. Die Proben sind mit den unterschiedlichen Methoden untersucht und tabellarisch zusammengestellt (Abb. 3. Abb. 4).
 

Die Analysen-Resultate

 

Abb.3: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Analyse-Plan: 1P1: rot 6.9 unten, 9.2 rechts, P2: ocker 9.5 unten 9.4 rechts, P3: hellgrün 7.0 unten, 18.2 rechts, P4: blau 27.5 rechts, 7.2 unten, P5: rosa 35.7 rechts, 7.5 unten, P6: braun 0.5 unten, 1.2 rechts, P7: schwarz 6.3 unten 27.1 recht
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 
 

Abb. 4: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288, Analyse-Resultate
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Makrobetrachtungen

Kunsttechnologische Detailbetrachtungen der  Gemälde Vorder- und Rückseite (Abb. 5 u. Abb. 6).

Abb. 5: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Makroaufnahme der Gemäldevorderseite.Die Malschicht bestehend aus natürlichem Wachs mit Ölanteil und Pigmente haftet relativ gut auf dem Jutebildträger. Stellenweise, wo die Grundierung der Rückseite durch die Gewebefäden hindurchgedrungen ist und sich helle Erhöhungen gebildet haben, steht die Malschicht ab und blättert ab. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Abb. 6: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288.  Makroaufnahme der Gemälderückseite. Die rosafarbene Farbe, mit der Klee die Komposition übermalte, hat sich von der weissen Grundierung gelöst, zu Schüsseln zusammengezogen und ist zu etwa 30 Prozent abgeblättert. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Rückseite Inschrift

Handschriftliche Bezeichnung Klees der ersten Komposition auf der oberen Hälfte des Spannrahmenschenkels: »Mädchen wird und stirbt« (Abb. 7).

 

Abb. 7: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Rückseitige Inschrift »Mädchen stirbt und wird«. Detailaufnahme der Gemälderückseite. Handschriftliche Bezeichnung Klees der ersten Komposition auf der oberen Hälfte des Spannrahmenschenkels: »Mädchen wird und stirbt«.
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

Polarisationsmikroskopie

Die Polarisationsmikroskopie ermöglicht die Untersuchung der Bildträgerfaser und somit die Bestätigung der Jute, wie sie Paul Klee in seinem OEuvre-Katalog aufgelistet hat (Abb. 8).

 

Abb. 8: Paul Klee, Glas-Fassade, 1940, 288. Polarisationsmikroskopie. Die Jutefaser lässt sich anhand der charakteristischen optischen Eigenschaften unter dem Polarisationsmikroskop zuweisen. Die hellen Faserausschnitte lassen die wechselnde Breite der Faserlumen (Lumen: Hohlraum eines röhrenförmigen Organs) erkennen. Typisch sind die wechselnden Interferenzfarben (liegend Orange, stehend Blau) unter gekreuzten Polarisatoren. 
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

 

Rasterelektronenmikroskopisch Aufnahme REM-SE

Mit der Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie verdeutlicht die Struktur des Aufbaus und des Erhaltungszustandes der Bilderträgerfaser im kleinsten Bereich (Abb. 9).  Im Vergleich zu anderen Zellulosefasern enthält Jute relativ viel Lignin, welches über Oxidationsprozesse den Materialabbau begünstigt. Die Stabilität des Faserverbundes wird vermindert und das Gewebe verfärbt sich zunehmend. Die Brüchigkeit der Fasern führt schliesslich zum Materialverlust. Voraussetzung für eine optimale Konservierung sind ein stabiles Klima, der Schutz vor ultravioletten Strahlen sowie die Vermeidung von Vibrationen.

 

Abb. 9: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme REM-SE. Gedrehte Faser mit ausgebrochenen, grösseren Faserstücke.
© Patrizia Zeppetella, Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

 

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